Bei milden 36 Grad unternahmen die Klassen fw11d und f10a, begleitet von ihren Lehrern Herrn Oertel und Herrn Frisch, am 11.07.2023 eine Tagesexkursion nach Nürnberg. Zunächst stand eine zweistündige Führung über das Reichsparteitagsgelände auf dem Programm, wo von 1933 bis 1938 die Parteitage des NSDAP stattfanden. Doch was können uns die Überreste dieses Geländes heute noch sagen?
1. Diktatoren leiden oft an Größenwahn
Überall auf dem Reichsparteitagsgelände wird deutlich, dass die Nationalsozialisten mit gigantischen Bauten ihre Macht und Bedeutung zelebrieren wollten. Das geplante Deutsche Stadion zum Beispiel sollte für 400.000 Zuschauer Platz bieten. Dass man von den oberen Reihen in einem solch riesigen Stadion gar nichts mehr vom Sport gesehen hätte, war Hitler egal. Es ging ihm um „Größe“ als Selbstzweck. Zum Vergleich: Das größte Sportstadion der Welt befindet sich heutzutage in Nordkorea (ebenfalls eine Diktatur mit Hang zum Gigantismus) und kann „nur“ 114.000 Zuschauer aufnehmen.
2. Im Nationalsozialismus zählt der Einzelne nichts
Wer vor den sechs Meter hohen Eingangstüren steht, durch die man früher die Kongresshalle betreten konnte, merkt gleich: Man fühlt sich klein und unbedeutend. Und das ist in der nationalsozialistischen Architektur Absicht. Der Einzelne, seine Rechte und seine Individualität, sind unbedeutend. Einzig die Volksgemeinschaft und der Gleichschritt der Massen hat hier Bedeutung.
3. Diktatoren wollen ihre Herrschaft geschichtlich legitimieren
In Nürnberg sieht man besonders deutlich, wie die Nationalsozialisten versuchten, ihre Herrschaft als Höhepunkt der geschichtlichen Entwicklung erscheinen zu lassen. Die Form der Zeppelintribüne erinnert an den Pergamonaltar und sollte den Nationalsozialismus als Fortführung der griechischen Antike erscheinen lassen. Für die Kongresshalle diente das Kolosseum in Rom als Vorbild (freilich sollte sie doppelt so groß werden). Und als Anknüpfung an das Heilige Römische Reich Deutscher Nationen wurde eine große Aufmarschstraße errichtet, die eine direkte Achse von der mittelalterlichen Kaiserburg zum Parteitagsgelände bildet.
4. Hitler inszenierte sich als Messias
Technisch eigentlich unmöglich, und doch hatte Hitler es so geplant: In der Mitte der Kongresshalle, unter einer gigantischen freischwebenden Dachkonstruktion, wollte er auf einem erhöhten Rednerpult stehen, umringt von 50.000 jubelnden Nazis, beleuchtet von natürlichem Tageslicht, und hinter sich eine riesige Orgel. Man merkt schnell: Hitler sollte als Heilsbringer mit sakraler Aura inszeniert werden.
5. Wie geht man eigentlich mit dem nationalsozialistischen Erbe um?
Nürnberg hat vieles versucht: Nach dem 2. Weltkrieg wurde das NS-Erbe der Stadt zunächst totgeschwiegen, man ließ im wahrsten Sinne des Wortes „Gras über die Sache wachsen“. Als später Neo-Nazis zur Zeppelintribüne pilgerten, sprengte man die Säulengänge. Erst seit den 1980ern versucht man, über die NS-Geschichte der Stadt zu informieren und diese aufzuarbeiten. Pläne, aus der Kongresshalle ein Vergnügungszentrum zu machen, wurden verworfen. Ob ein Opernhaus im Innenhof gebaut werden soll, wird momentan kontrovers diskutiert.
Ein Besuch der Altstadt rundete im Anschluss unsere Exkursion ab. Wir danken unserem Förderverein BRAVO e.V. und seinem Vorstand Herrn Andreas Lohde und Herrn Schwillinsky, der die Führungskosten für unsere Schülerinnen und Schüler übernommen hat.